Herz-Jesu Kapelle
Übersicht der Tafeln im Ortskern
Der Geschichtliche Rundgang Gerichtstetten ist eine interessante Möglichkeit, unseren Ort zu entdecken und zu erleben. Vorbei an 16 Stationen spazieren Sie entlang der Geschichte von Gerichtstetten und erfahren viele interessante Hintergründe über das Arbeiten, Leben und Wohnen in früheren Zeiten. Sie befinden sich hier an der neunten Station "Herz-Jesu Kapelle".
HERZ – JESU KAPELLE
Die Herz-Jesu Kapelle wurde 1875 von Michael Joseph Seitz erbaut, um die Verehrung des Heiligsten Herzens Jesu in der Gemeinde und der Umgebung zu fördern. Sein Bruder Konstantin war katholischer Pfarrer in Werbach, er selbst betrieb hier eine kleine Landwirtschaft.
Für den Bau suchte Michael Joseph eine etwas abgelegene, ruhige Stelle und wählte diesen Standort, weil das letzte Haus damals etwa 200 Meter von hier entfernt lag. Was ihn genau dazu bewogen hat, die Kapelle zu errichten – die Einlösung eines Versprechens, der Dank für ein freudiges Ereignis oder ob er ein Zeichen tiefen Glaubens setzen wollte –, ist bis heute nicht bekannt. Jedenfalls war es sein inniger Wunsch, eine Kapelle mit geweihtem Altarstein bauen zu lassen, um hier das heilige Messopfer feiern zu können. Dafür hat er offensichtlich weder Kosten noch Mühen gescheut: Die Kapelle, die etwa 30 Fuß lang und 14 Fuß breit ist, wurde aus schönen Quadersteinen gebaut und mit einem kleinen Glockenturm ausgestattet.
Auch die Innenausstattung ist hochwertig. Den erhöhten Chorraum schmückte ursprünglich ein neugotischer Altar, in dessen Mitte sich ein kunstvolles Ölgemälde des Guten Hirten mit seinem Heiligsten Herzen befand; heute steht an dieser Stelle eine Herz-Jesu-Statue.
Die Seitennischen sind mit den detailreich geformten und bemalten Statuen der Maria als Himmelskönigin mit Kind und des Heiligen Josef mit Kind ausgefüllt. Ursprünglich waren an den Wänden des Langhauses Öldruckbilder der 14 Kreuzwegstationen angebracht, leider sind sie inzwischen verschwunden. Stattdessen zieren die Seitenwände nun zwei Ölgemälde, die beim Abriss der Wagnerskapelle, die bis 1980 in der Gerichtstetter Straße stand, gerettet werden konnten – die Schmerzhafte Gottesmutter und Maria zur immerwährenden Hilfe. Der Bruder des Erbauers stiftete die Glocke für den Glockenturm und weihte die Kapelle 1875 ein. Im darauffolgenden Jahr erfolgte die Einweihung durch den Ortspfarrer.
Lange schlummerte die Kapelle im Dornröschenschlaf, bis der Heimatverein sie zwischen 1995 und 2001 gemeinsam mit dem Eigentümer, der Gemeinde, der Pfarrgemeinde, dem Landesdenkmalamt und vielen weiteren Unterstützern und Spendern aufwendig sanierte. Die umfangreichen Anträge für Baukostenzuschüsse, die strikten Vorgaben des Denkmalschutzes – wonach die Bodenplatten einzeln herausgehoben, nummeriert und später wieder an der gleichen Stelle verlegt werden mussten – und der unerwartet schlechte Zustand der Fundamente und Dachbalken führten immer wieder zu Verzögerungen und so dauerte die Sanierung deutlich länger als geplant. Während die Bodenplatten fast alle unversehrt waren und wiedereingesetzt werden konnten, mussten viele marode Holzbalken und beschädigte Ziegel durch neue ersetzt werden. Doch der Ehrgeiz der Beteiligten hat sich am Ende bezahlt gemacht. Mit Abschluss der Innenrestaurierung und Fertigstellung der Außenanlage samt neuem Treppenaufgang und Naturstein- mauer erstrahlte die Kapelle wieder in ihrer einstigen Schönheit. Auch das harmonische Zusammenwirken ihrer Elemente kam erneut zum Vorschein. Am 17. Juni 2001 wurde die sanierte Kapelle mit einem großen Fest eingeweiht. Im Schein unzähliger Kerzen und mit vielen bunten Blumen geschmückt leuchtete sie im gleichen Glanz wie 126 Jahre zuvor!
2009 wurde schließlich auch der Glockenturm wiederaufgebaut und gesegnet. Die ursprüngliche Glocke, die vermutlich in den 1930er Jahren ihren Weg auf den Helmstheimer Hof fand und dort mit ihrem lauten Klang jahrzehntelang im Einsatz war, wurde vom Besitzer als dauerhafte Leihgabe für den Einsatz in der Kapelle zur Verfügung gestellt. Die Kapelle befindet sich in Privatbesitz, steht jedoch für Besucher und kirchliche Veranstaltungen offen.
Wann und warum läuten unsere Glocken?
Das Glockenläuten prägt seit vielen Jahrhunderten das Leben in unserem Dorf. Es gliedert den Tag, ruft zum Gebet auf, begleitet den Gottesdienst und verkündet wichtige Ereignisse. Früher waren Glocken ein wertvolles Kommunikationsmittel, sie konnten vor Gefahren wie Unwetter, Feuer oder Krieg warnen, aber auch Ausdruck von Protest oder Trauer sein. Das 11-Uhr-Läuten soll im frühen Mittelalter in den Klöstern entstanden sein, als die Mönche auf dem Feld zum Gebet gerufen wurden. Das Nachtläuten um 18 Uhr war besonders für Kinder das Zeichen, nach Hause zu gehen. In Kriegszeiten wurden Glocken häufig eingezogen oder gestohlen und zur Herstellung von Waffen und Munition eingeschmolzen. Da sie aber so einen hohen Stellenwert besaßen, durfte jede Gemeinde eine Glocke behalten.